Südkurier vom 01.04.2000:


Ein spannungsvoller Dialog.

Grafik von Mechthild Mansel und Skulpturen von Hans-Peter Lübke in Ostrach.

Eine ungewöhnlich erfolgreiche
Vernissage war das dieser Tage
im Atelier Laubbach bei Peter
Weydemann - rote Punkte, Signal für
Kunstinteressierte - an nahezu allen
ausgestellten Arbeiten. Sie sprechen
nicht zuletzt von hoher Qualität der
künstlerischen Arbeit, aber auch von
kritischem Sachverstand des Publi-
kums.
  Mechthild Mansel,1959 in Dresden
geboren, fand auf Umwegen zur
Kunst - zunächst studierte sie Land-
schaftsarchitektur und arbeitete auch
in diesem Beruf, bevor sie I989 an
der Leipziger Hochschule für Grafik
und Buchkunst bei Rolf Kuhrt und
Bernhard Heisig Grafik und Malerei
studierte. Ein DAAD-Stipendium er-
möglichte die Fortsetzung der Aus-
bildung an der Accademia di Belle
Arti Firenze bei Gianfranco Notar-
giacomo.
  In Laubbach zeigt Mechthild Man-
sel ausschließlich Grafik; im stren-
gen graphischen Schwarz-Weiß Kon-
trast die Radierungen, in subtiler Far-
bigkeit die großformatigen Holz-
schnitte. Hauptmotiv ist dte mensch-
liche Figur; in der Ausdruckskraft,
die dem Körpergestus innewohnt,
übermittelt sie individuelle Emotio-
nen ebenso wie Welt- und Zeitgefühl
einer Generation. Was immer wieder
auffällt an den Arbeiten der Künstler,
die aus den Kunsthochschulen der
neuen Bundesländer hervorgingen:
die Beherrschung des Handwerks ist
unabdingbare Basis ihrer Kunst.

Mit nervösem Lineament umreißt
Mansel in ihren Radierungen die Kör-
performen; viel dynamische Bewe-
gung, Vitalität, Expressivität spricht
aus Blättern der Folge "Geworfen" -
"Gestoßen" - "Gefallen". Ihr kraft-
voller, spröder Zeichenduktus verrät
Bezüge zur Handschrift ihres Lehrers
Rolf Kuhrt. Menschliche Befindlich-
keiten werden in zugespitzten Situa-
tionen ins Bild gesetzt und erlangen
zugleich Gültigkeit über den Augen-
blick hinaus.
  In der Grundtendenz der Aussage
übereinstimmend, aber mit anderen
künstlerischen Ausdrucksmitteln ar-
beitend, erscheinen Mechthild Man-
sels Holzschnitte mit ihren lapidar
vereinfachten großen Formen, in ihrer
betonten Flächigkeit zwar gleichfalls
expressiv, aber auch von großer Ruhe
erfüllt. In Laubbach zeigt sie (erstmals
in einer privaten Galerie) den Farb-
holzschnittzyklus "Kreuzweg", eine
Folge von zwölf Blättern, die zwi-
schen 1990 und 1997 entstand und
l997 in der Dresdner Kreuzkirche
ausgestellt wurden. Die Künstlerin hat
hier keinen Auflagendruck herge-
stellt, sondern jedes der Blätter stellt
eine Variation des Druckes dar, hat
somit Unikatcharakter.

Hans-Peter Lübkes Skulpturen tre-
ten mit den graphischen Arbeiten in
einen unaufdringlichen, doch intensi-
ven Dialog. Sie vermitteln Gefühle
der Vertrautheit und Fremdheit zu-

 

gleich. Mit einfachen Materialien wie
Pappe, Leim und Teer vermag er den
Eindruck kostbaren Materials zu ver-
mitteln; aus ihnen kreiert Lübke sei-
nen "Hochstuhl", aber auch "Klang-
körper", geheimnisvolle "Fortbewe-
gungsmittel", aber auch "Wandlau-
scher". Ein großer Zauber scheint von
diesen Objekten auszugehen, die As-
soziationen zu afrikanischen Kult-
und Gebrauchsgegenständen hervor-
zurufen vermögen. Ähnlich wie diese
verlocken sie zur Berührung. Rätsel-
haft bleiben sie auch dann. Die Fas-
zination bleibt bestehen.
  Hans-Peter Lübke, der 1960 in
Windhoek / Namibia geboren wurde
hat seine Kunst im Austausch mit
Samuel Shapiro und Walter Stöhrer
entwickelt. Er studierte an der Päd-
agogischen Hochschule Weingarten
und ist seit 1992 als Lehrer an der
Gehörlosenschule in Wilhelmsdorf tä-
tig. Eine Mappe graphischer Arbeiten
ergänzt den Einblick in Lübkes künst-
lerisches Schaffen. MONIKA SPILLER

[] Die Ausstellung im Atelier Laub-
   bach, Ostrach, ist bis zum 9. April
   Mittwoch bis Samstag I6 bis I9
   Uhr sowie Sonntag l0 bis I9 Uhr
   geöffnet. Telefon: 0 75 75/38 05.

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