Dresdner Neueste Nachrichten vom 30.04.1997:


Aufforderung zum Tanz.
Die Galerie Sillack zeigt Mischtechniken der Dresdner Künstlerin Mechthild Mansel.

Tanz und Bewegungsstudien bildeten
den Ausgangspunkt für eine Reihe
von Arbeiten auf Papier, die in der
Galerie Sillack zu sehen sind. Mecht-
hild Mansel (geb. 1959 in Dresden)
besuchte in den bewegten Jahren
nach 1989 Ballettschulen und die
Probebühne der Semperoper, um Fi-
gur und Bewegung zu studieren und
für die Malerei nutzbar zu machen.
Ihre dort entstandenen "Tanzstudi-
en" gehen aber darüber hinaus: Hier
entdeckte sie die Beziehung des Fi-
gürlichen zur jeweiligen Raumsitua-
tion, den Raum im Raum.
Der Tanz als vollendetste Bewe-
gungsform des Menschen vereint
Rhythmus, Melodik und Raumgefühl
zu einer eigenen Welt: Wirk-
lichkeiten, die man auf dem stum-
men Papier nicht anders als durch
Farbe und Struktur zum Klingen
bringen kann. Klang muß in ein
Sehen umgesetzt werden, das sich
nicht rein gegenständlich vermit-
teln läßt. Neben der jeweiligen
Figuration, die eine bestimmte
Situation auf der Bühne gegen-
wärtig werden läßt, spielen zu-
fällige Affekte der den Pinsel

führenden Hand eine Rolle, die zu
immer abstrakteren Gestal-
tungen in beinahe somnambulen
Schwüngen und zeitlupenhaften Mo-
mentaufnahmen führen. In diesem
Sinne näherte sich Mechthild Mansel
der gestischen Malerei, bei der das
Farbliche an Bedeutung gewinnt. Be-
wegungsabläufe wurden "eingefro-
ren", der jeweiligen Körperkorre-


spondenz und deren Ausdruck fol-
gend. Jedes Moment spiegelt aber
auch Gefühle der Künstlerin, ihr in-
neres Verhältnis zum Raum-Figurati-
on-Klang-Erlebnis in einer Art Objek-
tivation. Ihre "Sehübungen" begin-
nen mit der Beobachtung der Kör-
persprache und weiten sich zu einem
optischen Klangerlebnis. Oft ist dabei
eine Grundfarbe vorherrschend, die
ganz zart und einfühlend tonale Un-
terschiede hervorbringt. Unter den
Strichen scheinen Flächen durch,
türmen sich auf zu Wirbeln und Stru-
deln, tauchen in maritimes Wurzel-
werk, verspinnen sich zu Nestern,
Geweben, Körpern. Eine Bewegtheit,
die den Betrachtenden auffordert,
sich zu bewegen am Gerüst der Lini-
en, Fäden, Knäuel, Tropfen, Wolken
und Flocken entlang über eine fremd
erscheinende Landschaft ...
Daß die Künstlerin auf Papier malt,
zeigt, wie unmittelbar die Bilder ent-
stehen. Im erstarrenden Ölbild ist
ihr Thema nicht zu bewältigen. Die
"vor der Natur" gemalten Gouachen
und Aquarelle haben eine Unmittel-
barkeit und Echtheit der Emp-
findung. Die jüngsten Arbeiten
scheinen mit ihrem Gelb-Orange
und dessen tonalen Abstufungen ein
wenig problematisch zu sein. Hier
spürt man noch die Suche nach ver-
tieftem Ausdruck und dem Umgang
mit den als Entdeckung empfundenen
Farbdifferenzierungen.
                                  Heinz Weißflog
Die Ausstellung ist bis zum
9. Mai zu sehen.

 

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